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Der Zeit entfliehen!

Verantwortlicher Autor: Peter-G. Rademacher ENA Oliver Schöpf DVPJ Teningen, 15.08.2018, 15:22 Uhr
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Teningen [ENA] Zeit ist eines unserer höchsten Güter. Sie ist für uns besonders wertvoll, da wir aufgrund unserer Erfahrung, dass unser Leben enden wird, Zeit als begrenzt wahrnehmen. Wenn die Zeit vorbei ist, gibt es uns nicht mehr. Kinder haben diese Ahnung oder dieses Zeitbewusstsein noch nicht. Sie scheinen zeitlos zu leben. 
Wir sind sehr darauf bedacht mit der Zeit richtig umzugehen.

Wir wollen keine Zeit verschwenden oder gar verlieren. Doch keiner weiß, wo die Zeit ist, wenn man welche verloren hat. Wiederfinden kann man sie nicht und Zeit aufholen geht immer auf Kosten von anderen, meist wichtigen Dingen. Was hat es mit der Zeit auf sich? Hat der Mensch sie erfunden oder gefunden? Richtig ist, dass wir astronomisch getaktet sind. Der Tag vergeht und nach einer Nacht bricht ein neuer Tag an. Die Jahreszeiten sind an den Ort der sich auf der Umlaufbahn um die Sonne befindlichen Erde gebunden. Also ist Zeit für uns auf der Erde richtiger Weise ein Ort.

Wenn wir uns an Vergangenes erinnern, erscheint Zeit immer abstrakt. Wir sehen in der Rückschau immer die Handlung und den Ort, aber die Zeit sehen wir vor unserem inneren Auge nicht. Der Ablauf von Zeit ist für den Menschen im Alltag mehr eine Taktung und ein Rhythmus als eine Zeit, die gleichmäßig abläuft. 
Zeit ist immer an Bewegung gekoppelt also an Ortsveränderung. Bewegung und Geschwindigkeit sind veränderlich und das Raster der Zeit eine Hilfsschablone um Bewegung bestimmen zu können. In gewisser Weise haben wir die Zeit erfunden, um Bewegung einordnen und steuern zu können.

Die Uhrzeit ist keine Urzeit sondern ein Hilfsmittel um zu steuern. Sie bietet uns die Orientierung, um uns wissen zu lassen, wo wir uns befinden. So lässt sich auch keine Zeit sparen, weil man Orte nicht einsparen kann. Die Sonne schreitet die Orte ihrer Umlaufbahn um die Sonne ab – komme was da wolle. 
Die ersten Zeitmaschinen wurden in den Klöstern Europas gebaut. Wir nennen sie Uhren oder Chronometer. Chronos war der Vater von Zeus. Und Zeus besiegte seinen Vater und trat die Herrschaft über die Welt an. Die ersten Uhren sind gebaut worden, um die Gläubigen und Sünder gemeinsam in die Gotteshäuser zu bringen.

Seit dem Industriezeitalter ist die Uhrzeit der wichtigste Organisator. Sie ermöglicht, dass die Arbeiter zur gleichen Zeit am gleichen Ort sind, um ihre Arbeit zu verrichten. Für die Eisenbahn war und ist die einheitliche Zeit der Taktgeber für die Fahrpläne. Wir sehen, dass Zeit eine Organisations- und Arbeitshilfe ist. Diese Hilfe gibt uns die Möglichkeit uns auf dem unaufhörlich fortlaufenden Zeitstrahl wieder zu finden. Eine Uhr verrichtet keine Arbeit, genauso wenig wie Geld arbeitet.
Doch heute nehmen wir die Zeit als eine Art von Währung oder Geld wahr.

Seltsamerweise sind Währung oder Geld gleichsam eine menschliche Erfindung und auch eine bedeutungslose Erscheinung, wenn der Gegenbezug fehlt oder die Menschen den Glauben verlieren, dass Geld einen bestimmten Wert besitzt. Doch wir tun alles der Zeit einen höheren Wert zu verleihen. Wir machen Dinge gleichzeitig um Zeit zu sparen. Wir nehmen große Anstrengungen auf uns um keine Zeit zu verlieren. Rechtzeitig, zeitgemäß, zeitsparend, usw. sind wichtige Begriffe für uns.

Wie wir erfahren, ist Zeit ein menschliches Modell für Takt und Taktung. Auch unser Körper ist getaktet und erfährt große Störung, wenn dieser Takt sich verändert. Wir sehen diesen Takt oder Rhythmus bis in die kleinsten Zellbestandteile hinein. Wenn wir von außen diese Taktung verändern, verlieren wir den richtigen Takt oder werden sogar taktlos. Sparen wir oder verlieren wir Zeit, wird sich immer durch unser Tun auch unser Takt im Inneren verändern, weil uns die Erkenntnis zumeist fehlt, dass es diese verlorene oder gesparte Zeit nicht gibt, wir aber dennoch unsere „innere Uhr“ versuchen zu verändern.

Wir werden hektisch, unaufmerksam, überarbeitet, gestresst, weil wir verlernt haben mit der unabänderlich forstschreitenden kosmischen Zeit umzugehen. 
Die häufigste Todesursache in der modernen Welt ist der Herztod. Das Herz ist das Organ des Taktes und der biologischen Zeit. Sterben wir zumeist am Herztod, weil wir immer Zeit sparen und Zeit auf gar keinen Fall verlieren wollen? Haben wir durch den Glauben an eine Zeit, die es nicht gibt,unsere gesunde Taktung verloren.

Heute sterben längst nicht mehr nur die übergewichtigen Raucher und Säufer den Herztod, sondern fast im gleichen Maße die vermeintlich Gesunden auch. Ist es nicht klüger die Zeit gehen zu lassen? Sie tut es sowieso. Wir können sie nicht verändern. Nur unser subjektives Empfinden fühlt verschiedene Zeit. Zeitempfindung hat immer etwas mit Konditionierung und Zeitgeist zu tun. Wir brauchen einen Zustand des ins sich Ruhens, damit Zeit für uns natürlich abläuft. Wenn wir Ruhe lernen und wieder einkehren lassen, versuchen wir nicht mehr die Zeit zu verbiegen. Wie heißt eine fernöstliche Weisheit: „Hast Du keine Zeit, so gehe langsam“!

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